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KapitalismuskritikerIn gleich TerroristIn?

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Zur öffentlichen Debatte um das Gnadengesuch von Christian Klar
MAINZ. „Die öffentliche Debatte um das Gnadengesuch von Christian Klar ist unerträglich“, sagt die Juso-Landesvorsitzende Sonja Pellin zur Diskussion um den inhaftierten RAF-Terroristen. An Klars Grußwort an die Rosa-Luxemburg-Konferenz entzündet sich die großenteils unsachliche Kritik in den Medien.

SpitzenpolitikerInnen von Union, SPD und FDP bezeichnen ihn als uneinsichtig, weiterhin gefährlich und sprechen sich strikt gegen eine Begnadigung Klars aus. Differenziert argumentieren hingegen Christian Ströbele und Claudia Roth, was ihnen prompt den Vorwurf von Günther Beckstein einbrachte, die RAF zu verharmlosen und ihre Opfer zu verhöhnen. Beckstein will sogar, dass Klar auch nach seinem regulären Entlassungstermin in 2009 in Haft bleibt.

Eine der wenigen positiven Ausnahmen in der medialen Berichterstattung ist ein Beitrag auf Spiegel online vom 28. Februar, wo zu lesen ist: „Guido Westerwelle scheint Kapitalismuskritik fast generell unter Strafe stellen zu wollen, und in der CSU möchte man Klars Knastzeit sogar verlängern.“

Ziel, Mittel, Strategie und Folgen von Politik werden in einem Großteil der medialen Diskussion in einem Aufwasch genannt und unzulässigerweise gleichgestellt. Weil Klar das „System" weiterhin überwinden wolle, zeige er keine Einsicht und solle nicht begnadigt werden. Mit „System" ist beim Durchlesen der Artikel eindeutig der Kapitalismus und NICHT die Demokratie gemeint. Es mag zwar geschickt sein, diese beiden Dinge gleichzusetzen, wahr und richtig ist das leider nicht, wie wir in der Geschichte und aktuell in der Welt erfahren müssen.

Zwar ist der Kapitalismus alles andere als ein in sich geschlossenes System, sondern krisenhaft, zerstörerisch und in weiten Teilen inhuman. Nun mag man sich streiten, ob es der Zivilisationsentwicklung des Menschen entspricht, irgendwann durch Reformen die Aufhebung des Kapitalismus zu erreichen. (Fast) unstrittig ist es jedoch, dass die Demokratie die Wirkungen abfedern und sogar gestalten muss. Wie sind sonst politische Eingriffe durch die Demokratie zu rechtfertigen?

Der Tenor der Artikel zeigt einerseits die Grenzen des Liberalismus auf und ist in ihrer logischen Konsequenz antidemokratisch.

Mit der populistischen Verurteilung des Terroristen Klar wird versucht, jede kapitalismuskritische Position zu diskreditieren. Und damit alle Menschen, die den Kapitalismus in seiner Funktionsweise und Logik überwinden wollen. Glaubt man den Umfragen zu den „Werten und Einstellungen" der Deutschen, können mehr als die Hälfte den inhaltlichen Aussagen in völliger oder abgeschwächter Form zustimmen. Und wir sind zum Glück nicht alle TerroristInnen.

Wenn man Menschen aufgrund ihrer Meinung verurteilt, wie kann dann das Zusammenleben funktionieren, Fortschritt und Frieden möglich sein? Das gilt doch auch für den Umgang mit anderen Kulturen.

Was unsere Gesellschaft bannen muss, ist die Strategie, die Mittelwahl der RAF. Mord, Terror und andere Formen der körperlichen und seelischen Gewalt (alle Formen wenden zur Zeit die Rechtsextremen und ihre Terrorgruppen an), müssen bestraft und geächtet sein. TerroristIn ist man dadurch, dass man diese Gewalt als politisches Mittel gezielt und geplant anwendet.

Wie Klar zur Anwendung von Gewalt steht - das ist die entscheidende Information, um sich selbst eine Meinung zur Begnadigung zu bilden - das spielt in der öffentlichen Diskussion keine Rolle. Das ist Meinungsmache bzw. Propaganda und damit eine ideologisch-gefärbte und nicht minder folgenreiche politische Strategie.

 

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